Im Einklang mit der Natur

Schildübergabe durch Rainer Pausch (2. v. r.) vom Bioland-Außer-Haus-Team an die Geschwister Stefanie Pröbstle und Mathias Ihle, die den Waldvogel in vierter Generation gemeinsam führen. Foto: Bioland

Bioland-Zertifizierung für das Gasthaus Waldvogel in Leipheim: Dass der Waldvogel der Wirtefamilie Ihle auf dem grünen Weg ist, darüber haben wir bereits vor rund 20 Jahren berichtet. Jetzt ist der Vorzeige-Betrieb auch Bioland-zertifiziert – ein wichtiges Zeichen in unruhigen Zeiten.

Blick von oben auf den Waldvogel. Fotos: Waldvogel

Der Waldvogel ist mehr als ein Gasthaus. "Er ist ein Hof, eine Tagungsidylle, ein Hotel, eine Wirtschaft, ein Gartenbaubetrieb, ein Biergarten – auf dem Weg zum kleinen Bio-Dorf", so bringt es Stefanie Pröbstle auf den Punkt, die den Betrieb gemeinsam mit ihrem Bruder Mathias Ihle in vierter Generation leitet. Seniorchef Gebhard Ihle kümmert sich inzwischen vor allem um die hofeigene Gärtnerei, die seit 2017 Bioland-zertifiziert ist.

Warum hat der Gesamtbetrieb jetzt nachgezogen? Wer den Waldvogel besucht, der sieht, riecht, schmeckt und fühlt doch, dass hier nachhaltig und ökologisch gewirtschaftet wird! Nun, wenn man mit Fake News und absurden Lügen amerikanischer Präsident werden kann, warum sollte man dann einer Wirtefamilie aus Schwaben über den grünen Weg trauen?

"Die Welt ist offenbar so geworden, dass nur noch das geglaubt wird, wo ein Stempel drauf ist, also in unserem Fall ein Bioland-Schild vor der Tür hängt", so Stefanie Pröbstle. "Nur das schafft wirklich Vertrauen – für den Gast, aber auch für uns selbst. Dieses Schild erinnert und vergewissert uns jeden Tag, dass wir unseren eigenen GRÜNEN Weg gehen."

Dieser Weg ist einzigartig, aber nicht immer leicht. Bei der Bioland-Zertifizierung und -Partnerschaft ist es nicht mit ein paar Stunden Schreibkram getan. "Die Umstellung hat rund ein Jahr gedauert und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen", so die Botschaft aus dem Waldvogel.

Eine große Herausforderung ist beispielsweise das Thema Fleisch, genauer gesagt die Mengen an Fleisch, die ein Betrieb in der Größe des Waldvogels braucht. Da gibt's neben dem laufenden Restaurantbetrieb auch mal zwei oder vier Hochzeiten am Wochenende und mehrere Veranstaltungen und Tagungen unter der Woche. Da haben die rund 50 Mitarbeiter (von der Vollzeitkraft bis zu den Aushilfen) und die Familienmitglieder gut zu tun.

"350 Bio-Lenden für nächste Woche bekomme ich nicht bei regionalen Lieferanten", nennt Stefanie Pröbstle als Beispiel. "Die gibt's höchstens bei Bio-Großhändlern, aber oft nur mit langen Vorbestellzeiten. Da war und ist viel Umdenken bei uns und bei unseren Liefer-Partnern nötig."

Im Einklang mit der Natur

Damit hängt letztlich auch zusammen, dass der Waldvogel im Moment Bioland-Gastro-Partner in Silber (Bio-Einkaufswert zwischen 50 und 90%) ist. Das lässt bei schwierigen Produkten wie z. B. bei Schweinefleisch einen Puffer. Dabei ist der Waldvogel ein Schlaraffenland, bei dem die meisten Zutaten für die Speisen aus eigenem Anbau und eigener Produktion stammen. Eine riesige Auswahl an Salaten, Gemüsen, Kräutern und Obst kommt aus dem eigenen Bioland-Garten (sechs Gewächshäuser, zwei Hektar Anbaufläche). Das Bio-Brot wird selbst gebacken.

O-Ton Stefanie Pröbstle: "Außer Pommes und Wedges machen wir alles selber, Nudeln, Spätzle, Kuchen ..." Und der Gast genießt und freut sich darüber, dass die Umstellung auf die Bioland-Zertifizierung ohne Preiserhöhungen auf der Speisekarte erfolgt ist.

Dass im Waldvogel nur in Großgebinden eingekauft wird, um den Umverpackungsmüll zu minimieren, versteht sich fast von selbst. Dass auf den Dächern Photovoltaik-Anlagen stehen und mit Hackschnitzel aus eigenem Anbau geheizt wird, ist vorbildlich. Selbst die Schnittblumen auf den Restaurant-Tischen stammen aus eigenem Anbau und die Kerzenreste werden gesammelt und eingeschmolzen für neue Kerzen.

So bemerkenswert das alles ist, das Beste kommt noch. Das Konzept der schwäbischen Wirtefamilie läuft im Endeffekt darauf hinaus, so zu wirtschaften wie in vorindustrieller Zeit. Also z. B. im Herbst, wenn alles in Hülle und Fülle verfügbar ist, bereits an den Winter zu denken und Vorräte anzulegen.

Was das in der Praxis heißt? "Wenn ein Produkt reif ist, denken und arbeiten wir zweigleisig", erklärt Stefanie Pröbstle. "Gerade haben wir den Kürbis abgeerntet, der steht jetzt frisch auf der Speisekarte. Parallel dazu machen wir z. B. Kürbispüree, das unmittelbar danach schockgefrostet und gelagert wird, damit wir es im Januar oder Februar für vegane Gerichte mit Kürbispüree verwenden können." Und der Kürbis ist nur ein Beispiel.

"Wenn wir Ende Mai die ersten Gurken ernten, werden die frisch in der Küche verwendet, aber z. B. auch gepickelt (also süß-sauer eingelegt) für die Zeiten, wo keine Gurken reif werden", heißt es im Waldvogel. "Aus der Gurke gibt's dann Ketchup, Chutney, Salate, gefüllte Fladen, Gemüse, Essiggurken. So verfahren wir auch mit Tomaten, Kohlrabi, Physalis etc. Das ist unser Weg – selber anbauen und vor Ort unmittelbar verarbeiten, damit wir auch im Winter tolle Zutaten für unsere Gerichte haben. Und diesen Weg werden wir konsequent weitergehen."

Wir wünschen viel Erfolg dabei!

wald-vogel.de

Der Artikel ist in der Ausgabe 5/2024 des Gastronomie-Report erschienen.