28.09.2022

Im Fadenkreuz der Ermittler

Foto: Hotel Kronenschlösschen

In der Nacht vom 13. auf den 14. Januar 2021 hat im Hotel und Restaurant Kronenschlösschen in Eltville-Hattenheim ein Einbruch stattgefunden. Der Fall ist bis heute ungeklärt, die Polizei ermittelte 20 Monate lang vor allem gegen die Hoteliersfamilie – ein krasses Beispiel, wie der Staat in diesem Land mit Gastro-Unternehmern umgeht.

Jetzt wurde das Ermittlungsverfahren gegen Hotelier Hans B. Ullrich, seine Tochter Johanna und seinen Chef-Sommelier eingestellt. "Für uns ist damit ein 20-monatiger Alptraum zu Ende gegangen", so der Hotelier. "Und das alles nur, weil die Versicherung (Gothaer Versicherung) sich ihrer Schadensregulierungspflicht entziehen wollte. Als Hoteliers wurden wir behandelt wie Angehörige eines Verbrecher-Clans: So hat ein Sonder-Einsatzkommando mit mehr als 40 Polizisten in voller Ausrüstung und zum Teil bewaffnet, im Mai letzten Jahres zeitgleich um 6 Uhr morgens mein Haus in Frankfurt, zwei Wohnungen in Oestrich-Winkel und Winkel sowie unser Hotel in Hattenheim durchsucht."

Was den Hotelier vor allem ärgert: "Die Versicherung sprach von "Insiderwissen", die die Täter gehabt haben müssten und verdächtigten deshalb uns als Eigentümer. Konsequenz: Dann müssten alle Hauseigentümer, in deren Haus eingebrochen wird, potenzielle Täter sein, weil sie wissen, wo die Wertsachen liegen …"

Hans B. Ullrich hat inzwischen eine Zivilklage vor dem Landgericht Wiesbaden erhoben und wird neben dieser zivilrechtlichen Klärung sowohl die Versicherung als auch weitere Personen u. a. wegen Schädigung seiner Persönlichkeitsrechte und Verleumdung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Der Hotelier aus Eltville-Hattenheim hat seinen Fall in einer umfangreichen Erklärung dokumentiert. Hier dieses bemerkenswerte Dokument, das sich wie ein Krimi liest, fast ungekürzt:

1.
In der Nacht vom 13.1./14.1.2021 fand ein Einbruchdiebstahl im Weinkeller des Hotels Kronenschlösschen statt, die Diebe entwendeten Wein-Raritäten im Wert von rd. 235.000 Euro. Die Geschädigten erstatteten sofort Strafanzeige gegen Unbekannt und verwiesen u. a. auf Presseberichte über 13 Einbruchdiebstähle in wertvolle Weinkeller, die nach genau gleichem Muster abgelaufen sind. Die Kripo Eltville/Bad Schwalbach ermittelte jedoch nicht gegen unbekannte Täter, sondern eröffnete gegen den Inhaber des Hotels und dessen Tochter ein Ermittlungsverfahren mit dem Vorwurf, den Einbruch zum Zwecke eines Versicherungsbetruges fingiert zu haben. Der Tatvorwurf wurde ausschließlich mit Spekulationen, Unterstellungen und Verdächtigungen konstruiert, zu keiner Zeit wurde ein einziges konkretes, belastendes Indiz vorgelegt. Dieses spekulative Kartenhaus hat sich in Luft aufgelöst. Sämtliche Unterstellungen, Vermutungen und Anschuldigungen, die von der Kriminalpolizei gegen die Beschuldigten vorgebracht wurden, haben sich als falsch erwiesen. Nicht eine einzige Anschuldigung hat sich im Laufe des 20-monatigen Verfahrens als wahr erwiesen. Mit Beschluss vom 1.9.2022 hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen des Verdachts des versuchten Betruges gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, auf Kosten der Staatskasse. Obwohl die Kripo innerhalb von 20 Monaten alles Erdenkliche unternommen hat, um ihren – unhaltbaren – Verdacht gegen die Beschuldigten zu belegen, davon zeugen mehr als 1.200 Seiten Ermittlungsakten, hat sich herausgestellt, dass alle Verdächtigungen ungerechtfertigt waren, sie haben sich sämtlich in Luft aufgelöst. Fest steht damit: Die Beschuldigten wurden zu Unrecht beschuldigt. Sie sind Opfer (Geschädigte), nicht etwa Täter.

2.
Die Polizei hat sich bei ihren Ermittlungen von zwei Personen beeinflussen lassen: Zum einen vom Schadenssachbearbeiter der Versicherung (Gothaer Versicherung), die an die Geschädigten keine Zahlung leisten will. Die Versicherung behauptete, die Täter müssten "Insiderwissen" gehabt haben und dafür kämen nur die Inhaber des Hotels in Betracht. Die Polizei übernahm diese Anregung und stützte ihren Strafvorwurf auf Indizien, die sie aus einem angeblichen "Insiderwissen" herleitete, obwohl es von Beginn an keinerlei Beweise für diese These der Polizei gab. Die Beschuldigten konnten diese Verdächtigungen im Verfahren widerlegen. Zum andern stützte sich die Kripo auf Aussagen eines Rechtsanwalts, der vermutlich aus persönlichen Motiven handelte …

3.
Die Polizei hat das Verfahren gegen die Beschuldigten mit ungeheurem Aufwand betrieben. In der größten Polizeiaktion, die in der Geschichte des Rheingaus stattfand, wurden am 11. Mai 2021 zeitgleich um 6.00 Uhr morgens das Haus des Beschuldigten Hans B. Ullrich in Frankfurt, die Wohnung der Beschuldigten Johanna Ullrich in Oestrich-Winkel, die Wohnung des beschuldigten Sommeliers in Winkel und sämtliche Geschäftsräume des Hotels Kronenschlösschen in Eltville-Hattenheim beschlagnahmt und durchsucht. An den Aktionen waren insgesamt mehr als 40 Beamte, zum Teil in voller Montur und bewaffnet, beteiligt. Im Hotel wurden die Tagungsteilnehmer einer Firma, die zu dieser Zeit Hotelzimmer gebucht hatten, um 6.00 Uhr morgens aus dem Schlaf gerissen und alle Hotelzimmer wurden durchsucht (vermutet wurde, dass in den Hotelzimmern – vier Monate nach dem Einbruchdiebstahl – Weinflaschen versteckt seien), – natürlich ohne Erfolg. Vor dem Hotel standen auf dem Parkplatz und im Innenhof viele Tage lang bis zu 20 Polizeifahrzeuge, – gut sichtbar von allen Verkehrsteilnehmern auf der vorbeiführenden B42. Dese Polizei-Aktionen waren ein Alptraum für die Beschuldigten, für den Hotelbetrieb und für die mehr als 34 Personen Personal.

4.
Aus den Ermittlungsakten ergibt sich, dass bereits am 23. Juni 2021 für die Kripo feststand, dass die Beschuldigten nichts mit dem Einbruchdiebstahl zu tun hatten. Offensichtlich um den Fehler, der zu den umfangreichen Polizei-Aktionen und Beschlagnahmungen geführt hatte, zu kaschieren, schob die Kripo den Verdacht nach, die Beschuldigten hätten angeblich zu viele Flaschen (angeblich rund 30 Flaschen) der Versicherung als gestohlen gemeldet und damit einen versuchten Betrug begangen. Auch diese – nachgeschobene – Anschuldigung hat sich als haltlos erwiesen, siehe Ziffer 5.

5.
Der Weinkeller im Hotel in Eltville-Hattenheim war wochenlang beschlagnahmt und jede einzelne der ca. 15.000 Flaschen im dortigen Weinkeller wurde in die Hand genommen, überprüft und teilweise fotografiert. Der Haupt-Weinkeller des Hotels in Rüdesheim-Assmannshausen wurde mehr als einen Monat lang beschlagnahmt. In dieser Zeit wurden die dort lagernden rd. 40.000 Flaschen Wein sämtlich, und zwar einzeln, aufgenommen, registriert, katalogisiert und z. T. fotografiert. Ziel bei all diesen Aktionen war, die Unterstellung der Kriminalpolizei, die Beschuldigten hätten angeblich ca. 30 Flaschen zu viel als gestohlen gemeldet und damit einen Betrug gegenüber der Versicherung begangen, zu beweisen. Dieses Vorhaben ist kläglich gescheitert. Nicht mit einer einzigen Flasche konnte dieser Vorwurf belegt werden. Das Verfahren wegen des Verdachts des Betruges gegenüber der Versicherung wurde eingestellt, auf Kosten der Staatskasse. Die Kosten des gesamten Verfahrens, die vom Steuerzahler zu tragen sind, werden auf rd. 200.000 € geschätzt.

Die Polizei erhob diese falschen Anschuldigungen, weil sie nicht die geringste Kenntnis vom Weinhandel hat und z. B. naiv meinte, der gleiche Etikettenname einer Weinflasche bedeute, dass Flaschen identisch seien. Beispiel: Etliche Flaschen des italienischen Kultweines "Masseto" sind bei dem Einbruchdiebstahl am 13.1.2021 gestohlen worden und wurden der Versicherung als "Stehlgut" gemeldet. Bei der Beschlagnahme des Hotel-Weinkellers am 11.5.2021, vier Monate später, wurden im dortigen Bestand ebenfalls etliche Flaschen "Masseto" aufgefunden. Die Kripo schloss daraus, dass es sich um die Diebstahlsware handele (weil es der gleiche Name war). Der Beschuldigte machte der Staatsanwaltschaft klar, dass jährlich rd. 30.000 Flaschen mit dem Namen "Masseto" abgefüllt werden und dass der gleiche Name nicht bedeutet, dass es sich um identische Flaschen handelt. Die Staatsanwaltschaft hat dies verstanden, die Polizei hat es bis heute nicht verstanden. Der Beschuldigte hat dazu im Laufe des Verfahrens den Nachweis geführt, dass die im Mai 2021 im Hotel-Weinkeller aufgefundenen Weinflaschen (innerhalb der vier Monate seit dem Einbruch) aus dem Hauptlager oder durch Einkäufe in den Hotelkeller eingeliefert worden waren und dort zu Recht ganz offiziell im Bestand geführt wurden.

6.
Der Beschuldigte hat in umfangreichen Schriftsätzen nachgewiesen, dass die Vorwürfe und Unterstellungen der Polizei falsch sind, obwohl eigentlich im Strafrecht nicht der Beschuldigte seine Unschuld beweisen muss …

Im Abschlussbericht der Polizei vom 3.5.2022 wurden deshalb frühere Vorwürfe nicht mehr aufrechterhalten. Vorgeworfen wird den Beschuldigten "nur noch", sie hätten "medial vorgegeben, dass die gestohlenen Weine vermutlich nach Asien gebracht wurden" (und damit angeblich die Arbeit der Polizei behindert). Hierzu ist festzustellen, dass sich zum einen Medien nichts vorgeben lassen. Zum andern haben die Beschuldigten nur aus bereits erschienenen Presseartikeln zitiert, da es vor dem Einbruchdiebstahl vom 13.1.2021 bereits 13 andere Einbruchdiebstähle in wertvolle Weinkeller in ganz Europa gegeben hat, – immer nach genau gleichem Muster.

Wie naiv die Polizei Bad Schwalbach den Sachverhalt eingeschätzt hat, zeigt ihre schriftliche Beurteilung: "Zu erwähnen ist, dass man für den Export von alkoholischen Flaschen über die entsprechende Lizenz verfügen muss. Außerdem müssen die Flaschen in entsprechenden Dokumenten erfasst werden … der Versand wäre für die unbekannten Täter mit einem erheblichen Aufwand, Logistik und Kosten verbunden …. Selbst mit etwaig hohen erzielten Preisen auf dem Schwarzmarkt stünden die Kosten für die Täter für langwieriges Ausbaldowern, Erkaufen von Insiderwissen und das Netzwerk für logistischen Vertrieb ins Ausland nicht im Verhältnis zu dem Stehlgut". Dieser Hinweis, die "Wein Mafia" könne ohne Lizenz und Ausfuhrgenehmigung gestohlene Ware nicht ins Ausland verschaffen, grenzt an absolute Weltfremdheit, zumal es um gestohlene Ware im Wert von rd. 235.000 Euro geht. Für einen solchen Betrag lassen sich Verbrecher viele Verwertungsmöglichkeiten einfallen. Auch die weiteren Wertungen der Kripo, mit denen sie einen Diebstahl durch fremde Personen ausschließt, sind absurd: "es ist nur ein geringer Kaufpreis erzielbar, weil der Käufer nicht sicher sein kann, dass in den Flaschen der echte Wein ist". All diese Ansichten der Polizei sind naiv und lebensfremd, – ganz schlimm wird es jedoch, wenn diese abstruse Argumentation eingesetzt wird, um bestohlene Eigentümer zu verdächtigen.

7.
In der Öffentlichkeit hatte die Staatsanwaltschaft zu Beginn des Ermittlungsverfahrens verlautbaren lassen, eine Funkzellenauswertung habe ergeben, dass der Chefsommelier im Tatortbereich gewesen sei, obwohl er am Tattag frei gehabt habe. Dies spreche für eine Täterschaft (die sich der Beschuldigte HB Ullrich zurechnen lassen müsse).

Diese Wertung der Funkzellenauswertung ist nachweislich falsch. Im Gegenteil ergab das Analyseergebnis der Funkzellenauswertung, dass sich der Chefsommelier am 13.1.2021 nur von 16.02 bis 16.32 Uhr, also 30 Minuten lang, im Kronenschlösschen aufgehalten hat, um Emails zu versenden. Dies ist aus dem Server mit Uhrzeitangabe ersichtlich. Zu diesem Zeitraum waren unstreitig noch ca. acht Personen Personal aus Küche, Service und Rezeption im Haus und ein anderer Servicemitarbeiter hat unstreitig die verschiedenen Kellertüren erst gegen 16.35 Uhr abgeschlossen, – also zu einem Zeitraum, zu dem der Beschuldigte gemäß Funkzellen-Analyse bereits wieder zu Hause in Oestrich-Winkel war. An vielen anderen Stellen der Ermittlungsakte haben verschiedene Polizeibeamte im Übrigen vermerkt, dass die Einbruchstat wohl in der Zeit zwischen 21.00 und 7.00 Uhr durchgeführt wurde. Wenn die Kripo trotz dieses ermittelten Sachverhalts dennoch dem beschuldigten Sommelier eine Täterschaft unterstellte, ist dies grob fahrlässig und ehrenrührig. Und für die weiter geäußerte Rechtsansicht, für ein Verhalten des Sommeliers müsse der Betriebsinhaber einstehen, fehlte es ohnehin an jeglicher Begründung.

FAZIT
Im Zwischenbericht der Polizei vom 1.3.2021, der Grundlage der richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse vom 28.4.2021 war, hat die Kripo Bad Schwalbach auf 22 Seiten eine Ansammlung von Verdächtigungen und Unterstellungen vorgetragen, die sich im Laufe des Verfahrens in NICHTS aufgelöst haben. In zahlreichen Stellungnahmen hat die Verteidigung alle diese nach Ansicht der Polizei offenen Punkte geklärt. Im Abschlussbericht der Polizei vom 3.5.2022 ist deshalb von offenen Fragen nicht mehr die Rede. Die Polizei erhebt zum Schluss nur noch den einzigen Vorwurf, die Beschuldigten hätten immer wieder das Bild vermittelt, eine internationale Profibande habe den Einbruchdiebstahl begangen. Dies ist ein armseliges Ergebnis der Polizeiarbeit. Wenn der Geschädigte die Vermutung äußert, der Einbruchdiebstahl sei von einer Profibande begangen worden, kann dies wohl nicht als unzulässige Behinderung der Polizeiarbeit bezeichnet werden. Wenn die Polizei meint, man dürfe seine Ansicht nicht in der Öffentlichkeit äußern, zeugt dies von einem merkwürdigen Demokratie-Verständnis.

20 Monate lang wurden die Beschuldigten in der Öffentlichkeit eines schweren Verbrechens beschuldigt, obwohl sie untadelige Staatsbürger sind, die sich nie etwas haben zu Schulden kommen lassen. Ein skandalöses Verfahren.

Absolut unverständlich ist auch, dass nach den wahren Tätern nicht intensiv gesucht wurde, obwohl sich insbesondere aus inzwischen weiteren 14 Einbruchdiebstählen zahlreiche Ansatzpunkte ergeben hätten.

Die Gothaer Versicherung hat bis heute nicht einen einzigen Cent im Rahmen des Versicherungsvertrages gezahlt. Sie diskreditierte stattdessen ihren Vertragspartner, indem sie bei der Polizei gezielt Verdächtigungen wegen sog. "Insiderwissen" streute, um sich ihrer Pflicht zur Schadensregulierung zu entziehen.

Hans B. Ullrich
Inhaber Hotel Kronenschlösschen
Rechtsanwalt