28.03.2024

Wege aus der Krise

Foto: StockSnap auf Pixabay

Die kontinuierlich sinkenden Zahlen beim Bierabsatz und beim Pro-Kopf-Verbrauch – in Kombination mit horrenden Preissteigerungen – machen gerade mittelständischen Brauereien extrem zu schaffen. Wie sie mit dieser Situation umgehen, wollten wir von renommierten bayerischen Brauerei-Chefs wissen. Unsere Gesprächspartner sind Georg Schneider, Präsident des Bayerischen Brauerbundes und Bräu von Schneider Weisse in Kelheim, Dr. Stefan Kreisz, Vorsitzender der Geschäftsführung beim ERDINGER Weißbräu und Jeff Maisel, Inhaber und Geschäftsführer der Brauerei Gebr. Maisel in Bayreuth.

Wie hat sich das Sortiment in den letzten 12 Monaten entwickelt?

Georg Schneider: Insgesamt ist das Ergebnis wie erwartet – der Weißbiermarkt steht aktuell extrem unter Druck – vor allem vor dem Hinblick der vergangenen Preiserhöhungen, die notwendig waren.

Dr. Stefan Kreisz: Unsere größte Entwicklung im Sortiment hatten wir vor gut eineinhalb Jahren. Seitdem bieten wir zum ersten Mal zwei untergärige Spezialitäten unter dem starken Markendach von ERDINGER an: ERDINGER Brauhaus Helles und ERDINGER Brauhaus NaturRadler. Beide begeistern national wie international mit bester bayerischer Braumeisterqualität. Die zahlreichen Auszeichnungen der Fachpresse, die auch auf Expertenmeinungen aus der Gastronomie beruhen, unterstreichen das auf eindrucksvolle Weise. Zudem pflegen wir seit über 135 Jahren die bayerische Weißbier-Kultur, die wir aktuell in einem breit gefächerten Sortiment von elf Sorten anbieten. Bei uns findet jeder sein Lieblingsweißbier.

Jeff Maisel: Schon seit einigen Jahren sind bayerische Helle im Trend und der Renner in der Gastronomie – auch außerhalb Bayerns. Hinter dem Trend zu regionalen Bierspezialitäten stehen die Wünsche der Konsumenten nach nachvollziehbarer Herkunft und Authentizität. Nicht nur in Bayern oder Berlin hat sich unser Helles zum absoluten In-Bier entwickelt, auch in anderen Regionen Deutschlands wächst die Fangemeinde unseres Bayreuther Hell.

Welche Ihrer Bier-Spezialitäten sind die Renner der Gastronomie?

Georg Schneider: Angesichts der Gesamtsituation ist es umso erfreulicher, dass unsere neueste Produkterweiterung, das LoveBeer – unser "Festival"-Sommer-Weißbier mit Geschmacksnoten der Passionsfrucht und Limette – bei den Konsumenten sehr beliebt ist und uns Wachstumsraten im hohen zweistelligen Bereich beschert. Erfreulicherweise steht auch der Alkoholfrei-Trend mit einer ordentlich grünen Zahl in den Büchern.

Dr. Stefan Kreisz: ERDINGER Brauhaus Helles und ERDINGER Brauhaus NaturRadler sind ein voller Erfolg und haben sich erfolgreich im Markt etabliert. Distribution und Nachfrage legen auf bereits hohem Niveau weiter deutlich zu. Denn wir schaffen mit ERDINGER Brauhaus genau das, was der Bierliebhaber will: Bayerische Gelassenheit erleben und beste bayerische Braukunst schmecken. Und ERDINGER Weißbier mit feiner Hefe sowie ERDINGER Alkoholfrei sind die bayerischen Weißbierklassiker schlechthin und auch in der Gastronomie sehr beliebt.

Jeff Maisel: Im Trend sind moderne Bierspezialitäten, die gut trinkbar sind und trotzdem ein gewisses Extra bieten. 2023 konnten wir mit unseren Maisel & Friends Bieren weiter wachsen. Besonderen Fokus legen wir auf den Bierstil IPA, hier versprechen wir uns in allen Märkten noch sehr viel, auch im Ausland. India Pale Ales sind der bekannteste Bierstil, wenn es um Craftbiere und moderne Bierspezialitäten in Deutschland geht. Sie stehen wie keine andere Sorte für dieses Segment und bieten ein sehr breites Geschmacksspektrum. Wir haben bereits seit 2016 ein IPA im Portfolio, das wir diesen Herbst mit einem Relaunch weiterentwickeln werden. Bereits seit März 2023 ergänzt eine neue Sorte das dauerhaft und national verfügbaren Session-Sortiment von Maisel & Friends: das tropisch-fruchtige West Coast IPA.

Sind beim Sortiment Änderungen / Neuheiten geplant?

Georg Schneider: Weißbier macht mehr als zwei Drittel des Absatzes der Brauerei aus. Schneider's Helles – das neue Untergärige aus der Landbrauerei Georg Schneider & Sohn, das ebenfalls zum Portfolio gehört – entwickelt sich seit dem Launch im April 2022 extrem positiv und macht mittlerweile ca. 10% des Gesamtausstoßes aus.

Dr. Stefan Kreisz: Nein, aktuell sind keine Änderungen oder Neuheiten für 2024 geplant.

Jeff Maisel: Wie es unsere Fans gewohnt sind, werden wir auch 2024 mit verschiedenen Maisel & Friends Limited-Bieren überraschen. Daneben steht im Herbst der Relaunch des Maisel & Friends IPA an. 
Farbenfroh, exotisch, vielschichtig und fantasievoll – so präsentiert sich das neue Outfit unserer dauerhaft verfügbaren Signature-Biere seit Beginn des Jahres. Schon auf den ersten Blick erkennt der Liebhaber unserer Biere die Kreativität und Passion des Street Artists, der in einzigartiger Weise das Werk des Braukünstlers in ein farbenfrohes Kunstwerk verwandelt und das Etikett zu einer Leinwand werden lässt. Eine unglaubliche Symbiose aus Street Art und Braukunst.

Wo sehen Sie Wachstumschancen im Biermarkt?

Georg Schneider: Als Weißbierpionier ist unsere Wachstums- & Portfolio-Strategie langfristig ausgelegt – fokussiert sich auf bestimmte Zielregionen und Märkte sowie weitere Produkt-Initiativen, um die Bierliebhaber von heute und vor allem morgen weiterhin zu begeistern. Wir setzen weiterhin auf ein breites Weißbiersortiment mit einzigartigen Spezialitäten, kompromisslose Bier-Qualität und besondere Markenerlebnisse (off- & online).
Außerdem erleben wir einen kontinuierlich wachsenden Markt für Spezialitätenbiere, da die Verbraucher wieder auf der Suche nach einzigartigen Geschmackserlebnissen sind. Dieser Trend wurde bereits vor einigen Jahren durch den Craftbeer-Boom deutlich. Durch eine vielfältige Produktpalette, die sowohl jüngere Angebote wie das LoveBeer als auch traditionelle Saisonbiere wie die Festweisse und den Aventinus umfasst, haben wir ein solides Standbein aufgebaut und unseren Kundenstamm erheblich erweitert.

Dr. Stefan Kreisz: Hellbiere entwickeln sich weiterhin besser als der Markt. Während der Biermarkt 2023 insgesamt im Minus lag, war der Absatz von Hellem stabil. Die positive Entwicklung von Hellbier wird seit vielen Jahren getragen von den bayerischen Hellbieren. Hier spielt die Herkunft für die Verbraucher eine wichtige Rolle. Zudem sind alkoholfreie Biere und alkoholfreie Mischgetränke nach wie vor gefragt. Der Trend zu einem aktiven, gesunden Lebensstil hält an. Mit unseren sportlichen Durstlöschern ERDINGER Alkoholfrei und seinen ruchtigen Varianten Alkoholfrei Grapefruit sowie Alkoholfrei Zitrone haben wir ein erfrischendes Erfolgstrio im Angebot.

Jeff Maisel: Bayerische Helle und IPA – siehe Antworten auf die Fragen 1 und 2.

Wie wichtig ist der Absatzmarkt Gastronomie für Ihre Brauerei?

Georg Schneider: Wir setzen aktuell knapp 13% in der Gastronomie um, Tendenz steigend. Nach der Pandemie sehen wir inzwischen einen klaren Aufschwung zurück zur Gastronomie. Auch wenn die Zeiten aktuell nicht die besten für die Gastronomie und den Ausschank sind, sind wir doch zuversichtlich, auch in Zukunft einen signifikanten Absatz über diesen Zweig zu erzielen. Im Endeffekt steht (Weiß-)Bier für Geselligkeit, Stammtische jeder Art, ein Prosit. Dieses Gefühl gibt es im Handel nicht, dafür zieht es die Menschen nach wie vor in die Gaststätten, Wirtshäuser, Bars und Restaurants.

Dr. Stefan Kreisz: Lebensfreude schenken – das ist der Antrieb von ERDINGER. Daher sind wir traditionell stark in der Gastronomie & Hotellerie vertreten. Denn hier können wir als Botschafter bayerischer Lebensfreude gemeinsam mit den Wirten am eindrucksvollsten Bierliebhaber und Genießer mit unseren Bierspezialitäten begeistern und Umsatz generieren. Dafür pflegen wir traditionelles Brauhandwerk und verpflichten uns zu einer kompromisslosen Qualitätsphilosophie. Unsere Marke ERDINGER steht wie keine zweite für beste bayerische Braukunst. Das gilt vor allem auch für unsere ERDINGER Brauhaus-Biere. Auch hier spüren wir in der Gastronomie die hohe Akzeptanz der Marke ERDINGER als Qualitätsbringer.

Jeff Maisel: Sehr wichtig, denn das ist der Ort, an dem Bierliebhaber oft zum ersten Mal mit unseren Bieren in Berührung kommen. Wir verstehen uns als zuverlässiger Gastronomiepartner und die Bedürfnisse der Gastronomen und ihrer Gäste stehen für uns immer an erster Stelle.

Was können Wirtinnen und Wirte tun, um den Bierabsatz zu fördern?

Georg Schneider: Als älteste Weißbierbrauerei in Bayern mag es paradox klingen, aber: Denkt an die jüngeren Gäste. Die ursprüngliche und etablierte Zielgruppe für Bier und insbesondere Weißbier ist bereits begeistert. Jetzt ist es an der Zeit, auch eine jüngere Zielgruppe zu begeistern und zu zeigen, dass Weißbier und generell Bier in so vielen Facetten kommt, dass garantiert für jeden etwas dabei ist.
Die Erfahrung aus unserer Schneider Weisse Gastronomie-Sparte zeigt: Statt einfach nur die Getränke zu verteuern, hilft es, eine Mischkalkulation in Betracht zu ziehen. Schließlich bestellen die meisten Gäste im Restaurant zuerst ihre Getränke. Wenn wir diese zu einem attraktiven Preis anbieten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie Lust auf ein zweites oder sogar drittes Getränk haben. Dadurch erhöht sich auch die Bereitschaft, weitere Speisen zu bestellen.

Dr. Stefan Kreisz: Es braucht vor allem Menschen mit Interesse und Freude an bester Braukunst, die Liebe zum Kulturgut Bier mitbringen. Zudem muss die Qualität stimmen, denn nur ein zufriedener Gast bestellt ein weiteres Bier und kommt vor allem wieder. Daher wünschen wir uns, dass Bier in der Gastronomie hochklassig angeboten wird. Das beginnt mit einem kompetenten Service, der über Bier Bescheid weiß, und umfasst auch die Präsentation im Lokal und in der Getränkekarte. Bier kann auch mal zu einem überraschenden Anlass angeboten werden, zum Beispiel unser ERDINGER Pikantus als Aperitif.

Jeff Maisel: Die Menschen heutzutage sind experimentierfreudig und mögen gerade in der Gastronomie auch mal etwas anderes probieren als das, was sie zuhause im Kühlschrank haben. Deshalb empfehlen wir den Wirtinnen und Wirten eine Auswahl anzubieten, die gut zur Ausrichtung der Gastronomie passt. Für einen Biergarten passen die bayerischen Klassischer Hell und Weißbier wunderbar, Bars und Restaurants mit internationalem Publikum sollten unbedingt ein IPA vom Fass anbieten. Für die Gäste, die lieber alkoholfrei bevorzugen, sind alkoholfreie Biere eine beliebte Alternative zu süßen Limos und Saftschorlen. Neben unserem alkoholfreien Weißbier Maisel's Weisse Alkoholfrei hat das Maisel & Friends Alkoholfrei viele Fans. Die Genießer sind überrascht, wie vollmundig, erfrischend fruchtig, hopfig und völlig anders ein alkoholfreies Bier schmecken kann. Es ist kaum von einem alkoholhaltigen Bier zu unterscheiden.

Mehr Hintergründe und Einordnungen bieten das „Topthema Biermarkt" in der aktuellen Ausgabe unserer Fachzeitschrift Gastronomie-Report.